Tunneltraining dank Echtzeit-Simulation
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Für den Alltag im neuen Gotthard-Basistunnel wurden 4.000 Mitarbeitende nicht nur auf der Baustelle, sondern auch in virtuellen 3D-Welten geschult. Die simulierten Szenarien sind aus 200 verschiedenen Perspektiven erlebbar.
Um den reibungslosen Ablauf im gerade eröffneten Gotthard-Basistunnel kümmern sich 4.000 Fachkräfte – vom Zugführer über Mitarbeiter in der Betriebszentrale bis zum Personal für die Erhaltung des Tunnels und Experten für Krisenintervention. Sie alle wurden bereits im Vorfeld ausführlich für den Alltag und Ernstfall unter den Alpen geschult. Die Baustelle des längsten Eisenbahntunnels der Welt war für die Ausbildung allerdings kaum zugänglich. Deshalb entschieden sich die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für ein zusätzliches Training in virtuellen 3D-Welten. Diese stammen vom Ulmer 3D-Lernwelt-Spezialisten TriCAT. Für das Training schufen die Experten eine Echtzeit-Simulation des Gotthard-Basistunnels, erlebbar aus 200 verschiedenen Rollen. Die Teilnehmenden der Schulung können sich als sogenannte Avatare frei durch die Szenarien bewegen, miteinander kommunizieren und mit der Umgebung interagieren.
Der Gotthard-Basistunnel als Echtzeit-Simulation
So fährt der Lokführer im Führerstand seines Zuges die 57 km lange Strecke virtuell ab. Scheinwerferlicht erhellt dabei den grauen Beton. Selbst das gewohnte Steuerpult ist detailgetreu nachgebaut. Zwei Wagen weiter kontrolliert derweil ein Zugbegleiter virtuelle Fahrgäste. Plötzlich wird er zu einem Feuer gerufen. Ein Mülleimer samt Tisch steht in Flammen. Geistesgegenwärtig greift er mit einem Klick zum Feuerlöscher und stoppt den Brand. Der Zug kann ungestört weiterfahren.
Die Lernumgebung simuliert auch die Arbeit im Hintergrund: Aus der Betriebszentrale kontrolliert der Fahrdienstleiter den virtuellen Zugverkehr im Tunnel. Sogar Massenevakuierungen oder Unfälle im Tunnel lassen sich durch Gruppen- und Einzelsimulationen trainieren. Das Verhalten der Passagiere wird mithilfe von künstlicher Intelligenz realitätsnah simuliert. Das System zeichnet das gesamte Übungsgeschehen mit Sprach- und Funkkontakt auf, sodass das Team es im Anschluss gemeinsam analysieren kann. Gerade für Rettungskräfte ist ein solches Training wichtig. Sie müssen die Lage im Notfall schnell richtig einschätzen und danach entsprechend handeln.
Virtuelles Training für den Ernstfall
„Das richtige Handeln im Ernstfall erfordert Training und Routine. Virtuelle, simulationsbasierte 3D-Welten bieten eine gute und inzwischen durchweg anerkannte Möglichkeit, um entsprechende Abläufe zu verinnerlichen und mehr Sicherheit für den Einsatz zu gewinnen“, sagt Markus Herkersdorf, Geschäftsführer der TriCAT GmbH. Die Lernenden können sich in den realitätsnahen Umgebungen ressourcenschonend und effektiv auf ihren Einsatz in der analogen Welt vorbereiten. Auch der Lerntransfer funktioniert: Was die Mitarbeiter in der 3D Simulationsumgebung gelernt haben, übertragen sie erfolgreich in die Wirklichkeit. Unzählige Beispiele zeigen, wie gut sich virtuelle Realität für die Ausbildung nutzen lässt.
Vorreiter ist dabei ohne Frage die Luftfahrt: Vor dem ersten Flug trainieren Piloten viele Stunden im Simulator. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Branchen für die neuen Trainingsmöglichkeiten interessieren. Autobauer schicken angehende Mechatroniker in digitale Werkstätten und Handyanbieter schulen ihre Vertriebsmitarbeiter in simulierten Verkaufsgesprächen. Auch in der Ausbildung von Ärzten und Rettungskräften hält virtuelle Realität zunehmend Einzug. Komplizierte Eingriffe werden in 3D-Modellen geplant und Notfallpläne durchgespielt. Solche Lernangebote stehen dabei nicht in Konkurrenz zu realen Übungen. So gab es im Gotthard-Basistunnel neben den Trainingsphasen in 3D-Welten auch reale Großübungen. Die mehr als 800 Beteiligten probten dabei u. a. die Evakuierung eines Zuges und die effektive Brandbekämpfung im Tunnel. Mit großem Erfolg: Bis auf wenige Kleinigkeiten lief alles nach Plan, denn die Beteiligten kannten den virtuellen Tunnel wie ihre Westentasche.
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