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Gefahren vermeiden: Improvisierter Wasserwerfer ist nicht mehr!

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Nach dem Zwischenfall mit einem Stützkrümmer im Jahr 2013 verlangten Feuerwehren massiv nach Konsequenzen – und verpatzen selbst seit mehreren Jahren deren Umsetzung.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 5/2019

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Im Jahr 2013 löste sich während einer Löschübung einer bayerischen Feuerwehr die Verschraubung der drehbaren Kupplung eines Stützkrümmers. Während das Knaggenteil am Strahlrohr verblieb, schlug der am B-Schlauch angekuppelte Stützkrümmer dem Strahlrohrführer ins Gesicht, was zu schweren Verletzungen, u. a. zu zahlreichen Frakturen der Gesichtsknochen des Feuerwehrangehörigen führte.

Insbesondere in den Feuerwehr-Online-Foren ging es danach wieder „hoch her“, teilweise begleitet von unsachlichem „Hersteller-Bashing“ und Vorwürfen der Fahrlässigkeit – von Leuten, die sich selbst nicht an der Feuerwehrgerätenormung beteiligen und bei einem Gerät, das seit über 70 Jahren in der bekannten Ausführung genormt ist und verwendet wird.

DIN 14368

Ein Stützkrümmer nach DIN 14368 ist laut Norm eine „wasserführende Armatur zum Ableiten der Rückkraft aus einem B-Strahlrohr zum Erdboden“. Der Wassereingang besteht aus einer B-Festkupplung, der Wasserausgang aus einem drehbaren B-Knaggenteil. Der unfallbeteiligte Stützkrümmer wurde 2011 im Rahmen einer Fahrzeugbeschaffung erworben. Bei einem weiteren identischen Stützkrümmer auf demselben Löschfahrzeug war die Verschraubung des Knaggenteils ebenfalls gelockert. Daher konnte nicht sicher ausgeschlossen werden, dass sich auch bei anderen Feuerwehren drehbare Kupplungen lösen. Die Feuerwehr berichtete, dass es vor dem Unfall zu keinem Wasseraustritt am Stützkrümmer gekommen sei, der im Vorfeld auf ein Lösen der Verschraubung hätte hinweisen können. Das drehbare Knaggenteil am Wasserausgang eines Stützkrümmers ist über einen innen liegenden Gewindestutzen mit dem Gehäuse verschraubt. Um diesen innen liegenden Gewindestutzen festzuschrauben oder zu lösen, ist ein Spezialwerkzeug erforderlich, das an der Innenseite des Gewindestutzens zwei Stege greift. Von außen kann das Knaggenteil nicht festgezogen werden, da die Kupplung drehbar ist.

Keine Benutzungsanweisung

Die Kommunale Unfallversicherung Bayern (KUVB Geschäftsbereich I Prävention; 05.11.2013) hat den Stützkrümmer an das Regierungspräsidium Darmstadt als zuständige Behörde für die Produktsicherheit übersandt. Nach abgeschlossener Untersuchung wurde mitgeteilt, dass der unfallbeteiligte Stützkrümmer normgerecht hergestellt worden sei. Jedoch lag dem Produkt entgegen den Vorschriften keine Benutzungsanweisung bei. Die Hersteller haben daraufhin Benutzungsanweisungen erstellt. In den diesbezüglich fast wortgleichen Anweisungen geben die Hersteller z. B. vor, dass durch Sichtprüfung und Nachziehen der Kupplung die Befestigung des drehbaren Knaggenteils vor der ersten Inbetriebnahme, nach jeder Benutzung und bei der jährlichen Prüfung kontrolliert werden muss. Zu beachten sei, dass der Stutzen der Festkupplung-B mit drehbarem Knaggenteil komplett in das Rohr gedreht sein muss.

Prüfung der Ausrüstung

Dies wäre allerdings zum Unfallzeitpunkt bereits der UVV Feuerwehr und der Geräteprüfordnung Feuerwehr zu entnehmen gewesen. Die „Prüfgrundsätze für Ausrüstung und Geräte der Feuerwehr“ (GUV-G 9102, Stand 2013) empfehlen generell wasserführende Armaturen nach einer Benutzung „zur Sicherstellung der Schutzfunktion und Funktionsfähigkeit durch eine unterwiesene Person zu prüfen“. Tatsache ist, dass in vielen Feuerwehren, insbesondere wenn sie nicht über hauptamtliche Gerätewarte verfügen, teilweise erhebliche Defizite in der Geräteprüfung bestehen, und zwar gerade bei vermeintlich „einfachen und ungefährlichen“ Geräten wie Mehrzweckstrahlrohren, Verteilern, Stützkrümmern, Saugkörben und Zumischern. Am weit überwiegenden Teil der feuerwehrtechnischen Beladungen der Fahrzeuge und den in den Gerätehäusern gelagerten Reservegeräten ist nicht zu erkennen, welchen Prüfstatus sie haben.

Benutzungsanweisung beachten

Die Feuerwehren selbst haben allerdings auf den Vorfall nicht konsequent reagiert, wie leicht durch entprechende Internetrecherchen festgestellt werden kann:

Wie bereits seit Jahrzehnten in der Norm (aktuelle Fassung: DIN 14368:2015-12; Ziffer 3: Begriffe), in der Fachliteratur und wie eingangs zitiert, weisen nunmehr die Hersteller in ihren Bedienungsanweisungen explizit auf den Verwendungszweck von Stützkrümmern hin. Nicht nur zur Dekoration sind Durchflusspfeile an beiden Außenseiten auf dem Gehäusekörper der Stützkrümmer angebracht. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass es sich bei jeder anderen Verwendung eines Stützkrümmers um einen „nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch“ handelt. Dazu zählt insbesondere die Verwendung des Stützkrümmers zum „Bau“ eines improvisierten Wasserwerfers aus einem (B)B-CBC-Verteiler, Stützkrümmer, B-Rohr und C-Schlauch.

Ausbildung der Jugendfeuerwehr

Dieser improvisierte Wasserwerfer gehört sogar zum Repertoire der „Jugendflamme Stufe II“ der Deutschen Jugendfeuerwehr (siehe unten; Download am 14. Februar 2019). Hierbei wird der Stützkrümmer nicht „zum Ableiten der Rückkraft aus einem B-Strahlrohr zum Erdboden“ verwendet, sondern er wird entgegen der genormten und gekennzeichneten Durchflussrichtung betrieben, und es werden Festkupplungen, die zum Anschluss von Druck- und Blindkupplungen sowie Übergangsstücken dienen (vgl. DIN 14308-1:1985-04 B-Festkupplung PN 16, aus Aluminium-Legierung, mit Dichtring für Druckbetrieb; Anwendungsbereich), mit Festkupplungen gekuppelt. Letzteres soll auch z. B. bei der Verwendung von Zumischern nah beim Verteiler durch die Verwendung von kurzen „Vorlegeschläuchen“ vermieden werden. Der „Verteilerwasserwerfer“ mag ja weiterhin als „Geheimtipp“ mit entsprechenden Warnhinweisen zwischen erfahrenen Feuerwehrangehörigen für besondere Lagen gehandelt werden, eignet sich aber sicher nicht für die Regelausbildung von Kindern, Jugendlichen und Feuerwehranwärtern. Aus den Lehrplänen und Ausbildungsunterlagen ist er folglich zu entfernen.

Holger de Vries

 

Foto (Beitragsübersicht): © Holger de Vries

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