Nachlass finanziert neues Seenotrettungsboot
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Die Seenotretter haben auf der Fassmer-Werft in Berne-Motzen an der Unterweser ihren jüngsten Neubau auf Kiel gelegt. Finanziert wird das Boot durch den Nachlass eines kinderlosen Professors, der die Seenotretter als Erben eingesetzt hatte.
Selbstlos, idealistisch und verantwortungsbewusst – diese Wesenszüge haben Professor Fritz Thieme zeitlebens sehr viel bedeutet. Er fand sie bei den Seenotrettern. Das verbindet – über den Tod hinaus. Der promovierte Physiker finanziert mit seinem Nachlass das jüngste Seenotrettungsboot der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Den 10,1-Meter-Neubau haben die Seenotretter am Freitag, 10. März 2017, auf Kiel gelegt. Thiemes Lebensgefährtin Dagmar Irmler folgte einer Schiffbautradition und legte auf der Fassmer-Werft in Berne (LK Wesermarsch, NI) an der Unterweser eine Medaille in eine Sektion des modernen Spezialschiffs ein.
Die beiden Hamburger verband eine „unendlich große Freundschaft“, die in mehr als 40 Jahren gewachsen war – genauso wie Thiemes Sympathie für die Seenotretter. Wann immer es seine knapp bemessene Zeit als weltweit angesehener Wissenschaftler mit einem Lehrstuhl für physikalische Chemie an der Universität Hamburg zuließ, kam er nach Helgoland, um aufzutanken. Und um Freundschaft zu schließen mit den Seenotrettern an Bord der Helgoländer Seenotrettungskreuzer.
Förderer finanziert Neubau mit seinem Nachlass
Fritz Thieme hatte keine Kinder. Er setzte „seine“ Seenotretter als Erben ein. Mit seinem Nachlass bleibt er ihnen verbunden: Das neue Seenotrettungsboot mit der internen Bezeichnung SRB 68 wird einen Namen nach seinen Wünschen tragen – welchen genau, das verraten die Seenotretter traditionell erst bei der Taufe. Wie alle Rettungseinheiten der Seenotretter wird auch der jüngste Neubau ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert.
„Wir sind dafür sehr dankbar, denn dieser Nachlass versetzt uns in die Lage, den Neubau vollständig zu finanzieren“, sagt Geschäftsführer Nicolaus Stadeler. „Thiemes Namenswunsch ist für uns eine ehrenvolle Verpflichtung, der wir sehr gern nachkommen.“ Das neue 10,1-Meter-Seenotrettungsboot soll im Herbst 2017 auf der Freiwilligen-Station Wangerooge die WILMA SIKORSKI ersetzen. Die 9,5 Meter lange Einheit wird voraussichtlich in Norddeich die 8,5 Meter lange CASSEN KNIGGE ablösen, die wiederum außer Dienst gestellt wird.
Gedenkmedaille fährt bei jedem Einsatz mit
An Bord des Neubaus SRB 68 wird – einer Schiffbautradition entsprechend – eine Medaille jeden Einsatz mitfahren: Dagmar Irmler legte sie in eine Sektion des neuen Seenotrettungsbootes ein. Es ist eine Gedenkmedaille der Deutschen Bundesländer mit einem Motiv des Hamburger Hafens sowie den Wappen der 16 Bundesländer.
Schiffbauern und Seenotrettern soll die Medaille Sicherheit, Glück und Gesundheit verheißen. Während früher ein Geldstück unter dem Kiel lag und in der Bauzeit durch das ansteigende Gewicht plattgedrückt wurde, findet die Medaille bei heutiger Bauweise „kieloben“ Platz in einer speziellen Öffnung an einem Bauteil.
Turnusgemäße Modernisierung der Rettungsflotte
Das neue Seenotrettungsboot ist eines von derzeit insgesamt zehn beauftragten Neubauten des gleichen Typs – der letzte soll 2020 seinen Dienst aufnehmen. Diese modernen Spezialschiffe ersetzen im Zuge der turnusgemäßen Modernisierung der Rettungsflotte ältere Einheiten. Es handelt sich um modifizierte Nachbauten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse. Diese Klasse umfasst heute bereits 20 Einheiten, die auf verschiedenen Werften entstanden sind. Gefahren werden alle von Freiwilligen-Besatzungen. Mehr als 800 der rund 1.000 Seenotretter an Nord- und Ostseeküste sind freiwillige Seenotretter.
Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:
- Länge über Alles: 10,1 Meter
- Breite über Alles: 3,61 Meter
- Tiefgang: 0,96 Meter
- Verdrängung: 8 Tonnen
- Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h)
- Besatzung: Freiwillige
- Antrieb: ein Propeller, 380 PS
Wie alle Einheiten der Seenotretter werden die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Der Bootstyp zeichnet sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzt er gute See-Eigenschaften, manövriert einwandfrei, übersteht heftige Grundstöße und ist in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.
Bei der Konstruktion wurden umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt. Die neuen Seenotrettungsboote werden mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzgeschirren sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.
Im Werft-Tagebuch auf der Internetseite der Seenotretter ist der Bau der neuen Rettungseinheiten zu verfolgen. Regelmäßig gibt es aktuelle Fotos unter www.seenotretter.de/werfttagebuch.
DGzRS
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