Vor 50 Jahren: DRK testet Hubschrauber auch in Mainz
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Von Anfang August bis Ende September 1968 kam in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ein zum RTH umgebauter Helikopter vom Typ Alouette III zum Einsatz, der zwei Patienten liegend transportieren konnte. Aber schnell wurden einige Schwachstellen des neuen Systems sichtbar.
Nach München und Nürnberg testete das Deutsche Rote Kreuz auch in Mainz über mehrere Wochen den Einsatz eines Rettungshubschraubers (RTH). Vom 6. August bis zum 22. September 1968 kam in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ein zum RTH umgebauter Helikopter vom Typ Alouette III zum Einsatz. Die Alouette III konnte zwei Liegendpatienten transportieren. Verantwortlich für den Test waren das Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes (Bonn) in Kooperation mit dem DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz (Mainz) und dem Institut für Anästhesiologie der Mainzer Universitätskliniken. Finanziell gefördert wurde der Versuch, wie zuvor schon jene in München und Nürnberg, vom Bundesminister für Verkehr. Geleitet wurde der mehrwöchige Testeinsatz vom Direktor des Instituts für Anästhesiologie der Mainzer Unikliniken, Prof. Dr. med. Rudolf Frey, der zugleich auch DRK-Bundesarzt.
Erstmals in Wiederbelebung besonders erfahrene Ärzte an Bord
Der Rettungshubschrauber bekam den Funkrufnamen „Rotkreuz 35“ und war tagtäglich zwischen 7 und 20 Uhr und „nur bei entsprechenden Sichtverhältnissen“ im Einsatz. Im Vordergrund stand, wie zuvor schon in Frankfurt am Main sowie in Nürnberg und München, die „Erprobung der Verbesserung des Unfallrettungsdienstes auf den Straßen. Allerdings sollte der RTH auch bei sonstigen Notfällen (internistische Notfälle, Vergiftungen etc.) zum Einsatz kommen. Der Einsatzradius wurde mit „ca. 80 Kilometer vom Mittelpunkt Mainz aus“ festgelegt. Das erwähnte Rundschreiben nennt genaue Grenzorte in den vier Himmelsrichtungen, bspw. Mannheim und Ludwigshafen im Süden. Der Hubschrauber konnte via Telefon (06131) 24222 und über Funk mit Rufnamen „Rotkreuz Mainz“ an die Rettungswache Mainz, die eine ständige Fernmeldeverbindung mit der Uni und dem RTH vorhielt, sowie über den Polizeifunkverkehrskreis „Merkur“ angefordert werden.
Besetzt wurde der Rettungshubschrauber mit einem Piloten, einem Sanitäter des Roten Kreuzes sowie einem in den Wiederbelebungsmaßnahmen besonders erfahrenen Anästhesisten der Mainzer Unikliniken. Neben einer „ärztlichen Notfalltasche“ kamen erstmals auch elektronische Geräte zur Überprüfung der Vitalparameter Atmung, Blutdruck und Puls zum Einsatz. Mitgeführt wurde auch eine Fünf-Liter-Sauerstoffflasche. Zur Lagerung des Patienten kam darüber hinaus eine Vakuummatratze zum Einsatz.
Kliniklandeplatz kommt für Testeinsatz zu spät
Der Hubschrauber konnte allerdings nicht auf dem Gelände der Mainzer Uniklinik stationiert werden, sondern in der rund 800 m entfernten Kurzmainz-Kaserne, was sich als sehr nachteilig für den Testeinsatz herausstellte. Bereits in den frühen 1960er Jahren hatte die Bundeswehr beklagt, dass es am Uniklinikum keinen geeigneten Hubschrauber-Landeplatz gebe, doch weder das Land Rheinland-Pfalz noch die Stadt Mainz hatten für Abhilfe sorgen können. Erst Anfang der 1970er Jahre wurde auf dem Gelände des Mainzer Uniklinikums ein Sonderlandeplatz eingerichtet. Dieser diente ein Vierteljahrhundert später auch als erster Stationierungsort des am 1. Juli 1997 in Dienst gestellten Dual-Use-Rettungshubschraubers „Christoph 77“.
Mit Rundschreiben des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz an verschiedene Rotkreuz-Dienststellen, Behörden und Organisationen im Versorgungsgebiet des RTH wurde im Vorfeld auf den mehrwöchigen Testeinsatz des Rettungshubschraubers hingewiesen.
Meldesystem ausbaufähig
Im mehrwöchigen Testzeitraum wurden insgesamt 59 Einsätze geflogen. 36 Einsätze waren Notfalleinsätze (Primäreinsätze), neun Verlegungen (Sekundäreinsätze) und drei Einsätze galten dem dringlichen Transport von Blutkonserven. Des Weiteren wurden ein sonstiger Einsatz und zehn Fehleinsätze registriert. Nur in elf Fällen erfolgte der Abtransport mit dem Hubschrauber, in sieben Fällen konnte der Notfallpatient nach ärztlicher Erstversorgung in die Obhut der bereitstehenden Krankenwagen-Besatzung übergeben werden. Bei den 36 Notfalleinsätzen traf der RTH nur in zwei Fällen vor den bodengebundenen Einsatzkräften ein, in 16 Fällen fuhr der Krankenwagen ab, ohne die Landung des Hubschraubers abzuwarten. Die zeitlichen Verzögerungen waren einerseits dem noch unvollkommenen Meldesystem geschuldet, andererseits aber auch dem Umstand, dass der Arzt bei einem Einsatz erst von der Klinik zum weit entfernten Hubschrauber gebracht werden musste.
Jörn Fries
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