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Im Himmel über Österreich – Der ÖAMTC

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Durchschnittlich 52-mal am Tag sind die Rettungshubschrauber des österreichischen Automobilclubs im vergangenen Jahr ausgerückt. Ihr Einsatzgebiet ist dabei so vielfältig wie die Alpenrepublik: pulsierende Städte, abgelegene Täler und malerische Berggipfel.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 6/2020

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Sie hat einen festen Platz im österreichischen Rettungswesen: die ÖAMTC-Flugrettung. Die Gelben Engel des Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) sind immer dann zur Stelle, wenn Erkrankte und Verunglückte schnell Hilfe benötigen – egal, ob in der Stadt, auf dem Land oder im Gebirge. Von 17 Standorten im ganzen Land rücken die Helikopter bei Alarmierung aus. Damit ist der ÖAMTC der größte Akteur in der Luftrettung der Alpenrepublik. Einsatzursache Nummer 1 waren im vergangenen Jahr wieder einmal mit 47 % internistische und neurologische Notfälle, gefolgt von Unfällen bei der Arbeit, in der Freizeit und im häuslichen Umfeld (16 %). Immerhin 12 % betrafen Freizeitunfälle im alpinen Bereich. Lediglich jeder 15. Flug fand aufgrund eines Verkehrsunfalls statt. „Die kontinuierlich hohen Einsatzzahlen zeigen, dass die ÖAMTC-Flugrettung aus einem modernen österreichischen Gesundheitssystem nicht mehr wegzudenken ist“, erklärt Ralph Schüller, Sprecher der ÖAMTC Flugrettung.

Schwerpunktkrankenhäuser

Weiter führt er aus: „Die Reorganisation der Krankenhauslandschaft mit der Bildung spezialisierter Zentren, den sog. Schwerpunktkrankenhäusern, ist bereits in vollem Gange und bringt einen grundlegenden Wandel im Rettungsdienst mit sich. Daraus resultiert, dass Patienten zukünftig zur Diagnostik, Therapie oder für operative Eingriffe in geeignete Kliniken gebracht werden müssen und so immer weitere Transportwege zurückgelegt werden. Gerade bei schwersten Verletzungen kommt es besonders auf eine schnelle und gezielte medizinische Hilfe an.“ Die Flugrettung ist also nicht nur bei akut auftretenden Verletzungen und Erkrankungen wichtig, sondern auch bei der Verlegung zwischen Krankenhäusern, also bei den sog. Sekundäreinsätzen.

Modernste Technik

Egal, welcher Einsatz auf die Flugretter wartet: Modernste Technik hilft im Zusammenspiel mit den Besatzungen, bestmögliche Leistung abrufen zu können und so Menschenleben zu retten. Daher sind die Österreicher immer für Innovationen offen. Ein Beispiel hierfür ist „Kokon“, die erste selbsttragende Innenraumverkleidung der Luftfahrt, die auf der Luftfahrtmesse HeliTech 2017 in London vorgestellt wurde und heute in der Alpenrepublik zum Einsatz kommt. „Die erste selbsttragende Innenraumverkleidung der Luftfahrt ist so vielseitig wie die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten eines Hubschraubers“, erklärt Florian Bucher von der HeliAir, dem Wartungsbetrieb der ÖAMTC-Flugrettung. Das patentierte Design des Kokon ermöglicht es, nahezu jede Adaption des Innenraums zeit- und kostensparend durchzuführen, zudem entfallen zusätzliche Lizenzierungen durch die Luftfahrtbehörden für neue Einbauten. An der Entwicklung von „Kokon“ war neben dem ÖAMTC auch die Technische Universität Wien beteiligt. Generell sind die Flugretter bemüht, flugtechnisch die Nase vorne zu haben.

HeliAir, ein lizenzierter Wartungsbetrieb in Innsbruck und der Wiener Neustadt, hält die Notarzthubschrauber in Schuss und wartet und repariert die Maschinen. Täglich stehen Vorflugkontrollen durch den Piloten am jeweiligen Standort an. Nach 100 Flugstunden erfolgt die Inspektion diverser Systeme durch einen lizenzierten Techniker. Nach 500 Flugstunden (oder zwölf Monaten) erfolgen tiefergehende Systemchecks und eventuelle Modifikationen in der Werft, die Dauer hierfür beträgt maximal zehn Arbeitstage. Nach 1.000 Flugstunden (oder 36 Monaten) erfolgen nochmals tiefergehende Checks, ggf. größere Lackierarbeiten und Modifikationen, die rund 15 Arbeitstage dauern.

Wer oder was kommt zum Einsatz?

Als Standardmaschine kommt beim ÖAMTC der Eurocopter H 135, ein leichter zweimotoriger Mehrzweckhubschrauber, zum Einsatz, der international vielfach für diesen Zweck genutzt wird – auch in Deutschland. Ein neuer Rettungshubschrauber kostet inklusive Ausstattung in der Anschaffung mehr als 5 Mio. Euro! Übrigens: Ein durchschnittlicher ÖAMTC-Hubschraubereinsatz kostet rund 3.500 Euro. Um die Maschinen zum Einsatz bringen zu können, bedarf es der dreiköpfigen Besatzung, bestehend aus Flugrettungsarzt, Flugretter und Pilot. Die Piloten stellt der ÖAMTC, die Flugretter werden von anderen Organisationen wie dem Roten Kreuz gestellt. Bei den Flugrettungsärzten handelt es sich um Mediziner aus Krankenhäusern oder auch um niedergelassene Ärzte. Gerade an die Piloten und die Flugretter werden hohe Anforderungen gestellt. So müssen künftige ÖAMTC-Piloten mindestens 2.000 Flugstunden, einschlägige Hochgebirgs- und Außenlasterfahrung sowie eine EASA-FCL-Lizenz und Nachtsichtflugberechtigung vorweisen. Flugretter benötigen eine abgeschlossene Notfallsanitäter-Ausbildung, eine abgeschlossene Alpin-Ausbildung und eine mindestens vierjährige Tätigkeit im bodengebundenen Rettungsdienst. So sind sie gut gerüstet, den vielfältigen Aufgaben der Flugrettung in der Alpenrepublik gerecht zu werden.

Urs Weber, Foto: ÖAMTC/Postl.

 

Interview mit Ralph Schüller (Sprecher ÖAMTC Flugrettung)

Feuerwehr: Seit 1983 ist der ÖAMTC in der Flugrettung in Österreich aktiv. Was hat sich seitdem verändert und welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
Schüller: Der erste Notarzthubschrauber des ÖAMTC, Christophorus 1, wurde 1983 in Innsbruck stationiert. Die Stationierung der Notarzthubschrauber gab die Initialzündung für die Implementierung eines flächendeckenden Notarztsystems – auch im bodengebundenen Rettungsdienst – und trug dazu bei, dass Österreich heute notfallmedizinisch als eines der bestversorgten Länder der Welt bezeichnet werden kann. Mittlerweile betreibt der ÖAMTC ein landesweit flächendeckendes Netz von 17 Notarzthubschrauberstützpunkten, das jeden Winter in den Alpinregionen um weitere vier Stationen erweitert wird. Sichtflugbedingungen vorausgesetzt, erreichen die ÖAMTC-Notarzthubschrauber fast jeden Notfallort in Österreich innerhalb von 15 Minuten. Seit 2017 startet der in Niederösterreich stationierte Christophorus 2 als erster und nach wie vor als einziger Notarzthubschrauber Österreichs zu Einsätzen rund um die Uhr. Bereits seit ihren Anfängen war es der ÖAMTC-Flugrettung wichtig, sowohl technische als auch medizinische Fortschritte und Weiterentwicklungen flugrettungstauglich zu machen und zum Wohle der Patienten zu nutzen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, das System Flugrettung kontinuierlich weiterzuentwickeln. Der ÖAMTC-Flugrettung geht es darum – als elementarer Bestandteil des Österreichischen Gesundheitssystems – die notärztliche Versorgung der Bevölkerung permanent zu verbessern.

Feuerwehr: Am Standort Nenzing betreiben Sie Christophorus 8 zusammen mit der Bergrettung Vorarlberg. Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Kooperation und wie sieht sie konkret aus?
Schüller: Die ÖAMTC-Flugrettung arbeitet in ganz Österreich eng mit der Bergrettung zusammen. Der Großteil unserer Flugretter sind auch ehrenamtlicher Bergretter und verfügen so über die notwendige alpine Kompetenz. Im Jahr 2011 hat das Land Vorarlberg die Organisation und den Betrieb der Flugrettung der Vorarlberger Bergrettung übertragen. Für den Standort von Christophorus 8 ist die ÖAMTC-Flugrettung für den Hubschrauber, die Piloten, die Wartung sowie die gesamte Weiterbildung verantwortlich.

Feuerwehr: Rund 12 % Ihrer Einsätze finden im alpinen Gelände statt. Was sind hier die besonderen Herausforderungen für Mensch und Maschine?
Schüller: Winters wie sommers gehören Bergungen im hochalpinen Gelände zu den herausforderndsten Einsätzen der ÖAMTCNotarzthubschrauber. Häufig erweist sich die Landung unmittelbar am Notfallort aufgrund der Geländesituation als schwierig oder gar unmöglich. Aber auch auf diese Einsätze sind die Teams der ÖAMTC-Notarzthubschrauber bestens vorbereitet. Ganz gleich, ob Kletterer aus einer Wand, Skitourengeher aus einer Gletscherspalte, Forstarbeiter aus unwegsamen Gelände oder Skifahrer von einem hängengebliebenen Skilift zu bergen sind, für jede Situation gibt es das passende Bergeverfahren. Aufgrund der höheren Flexibilität und auch aus Gewichtsgründen kommt bei der ÖAMTC-Flugrettung keine Seilwinde zum Einsatz sondern ein Tau, das unter dem Helikopter eingehängt wird. Gerade im alpinen Bereich verringern sich im Sommer durch die höheren Temperaturen die Leistungsreserven der Hubschrauber, und auch Wetterveränderungen können rascher und heftiger erfolgen.

Feuerwehr: Welche spezielle Ausbildung durchlaufen die Besatzungen der Flugrettung, bevor sie erstmals in den Einsatz starten können?
Schüller: Um Flugrettung auf einem qualitativ hochwertigen und sicheren Niveau betreiben zu können, müssen Piloten, Notärzte und Flugretter stets allen Situationen des Einsatzgeschehens gewachsen sein. Dies setzt bei den speziellen und vielfältigen Einsatzsituationen eine hohe Kompetenz und Qualifikation der Crew voraus, sowohl fachlicher als auch sozialer Natur. Das international renommierte AirRescueCollege der ÖAMTC Flugrettung versucht durch intensive Auswahlverfahren, unterschiedliche Trainings- und Weiterbildungsveranstaltungen, umfassende Informationsvermittlung sowie Durchführung innovativer Projekte genau diese notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und zu fördern. Gesamtheitlich gesehen ist die Aussowie die kontinuierliche Weiterbildung einer unserer Schwerpunkte.

Feuerwehr: Wie ist für Sie als Arbeitgeber aktuell der Bewerbermarkt, finden Sie ausreichend gut qualifiziertes Personal?
Schüller: In Österreich findet man derzeit noch genug Piloten, die dem Anforderungsprofil entsprechen und so einen Selektionsprozess durchlaufen können. Bezüglich Ärzte und technischer Crewmitglieder gibt es wesentlich mehr Interessenten als freie Plätze.

Das Interview führte Urs Weber

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