Blackout – welche Maßnahmen können Feuerwehren ergreifen?
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Es ist ein Szenario, das zwar vergleichsweise unwahrscheinlich ist, bei seinem Eintreten aber äußerst weitreichende Folgen hat: Ein Blackout. 2023 hält die Sorge vor dieser Situation weiter an. Feuerwehren sind im Ernstfall eine wichtige Anlaufstelle und sollten gewappnet sein.
Die Sorge vor einem Blackout aufgrund leerer Gasspeicher oder allgemeiner Energieknappheit hält an. In der Vergangenheit sorgten jedoch vor allem Extremwetterereignisse in bestimmten Gegenden für länger anhaltende und weitflächige Stromausfälle (Blackouts). Neu an der derzeitigen Lage ist hingegen, dass der mögliche Blackout ein bisher unbekanntes Ausmaß annehmen könnte. Denn möglich wäre ein Szenario, in dem keine Energieressourcen mehr vorhanden sind und es gleichzeitig zu Lieferengpässen kommt. Erste Anlaufstellen wären dann Feuerwehr, Polizei und der Rettungsdienst, die sich vielerorts bereits seit mehreren Monaten auf einen solchen Katastrophenfall vorbereiten.
Inhaltsverzeichnis
- Katastrophenschutz und Notfallstromaggregate
- Eigene Stromversorgung im Falle eines Blackout
- Infrastrukturausfall ist meist verheerender als der Stromausfall
- Organisation, Zusammenhalt und Checkliste zur Vorbereitung
Katastrophenschutz und Notfallstromaggregate
Was einen Blackout 2023 so besonders und herausfordernd machen würde, ist, dass er unvorhergesehen, plötzlich und großflächig auftreten könnte. Denn träte ein solcher Katastrophenfall ein, wären nicht nur ein Straßenzug oder Häuserblock vom Stromausfall betroffen, sondern ganze Regionen oder Länder.
→ An dieser Stelle muss gesagt werden: Ein Blackout ist sehr unwahrscheinlich, aber eben nicht unmöglich.
Nicht nur ein Blackout, auch andere Szenarien können eine Notstromversorgung durch die Feuerwehren erforderlich machen. Darunter fallen beispielsweise Extremwetterereignisse oder Katastrophen wie die Überschwemmungen im Ahrtal im Sommer 2021, die auch zahlreiche Trafostationen betroffen haben. In Berlin-Köpenick kam es am 19. Februar 2019 zu einem langanhaltenden Stromausfall infolge eines Schadens durch Bauarbeiten.
Abhängigkeit von der Digitalisierung
Gleichzeitig sorgte die Digitalisierung der letzten Jahre dafür, dass ohne Energie bzw. Strom quasi alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens erheblich eingeschränkt oder gar lahmgelegt wären. Nicht zuletzt deshalb ist es seit etlichen Jahren Pflicht, in der sog. kritischen Infrastruktur, zu der neben Krankenhäusern unter anderem auch die Feuerwehren zählen, für eine Sicherheitsstromversorgung zu sorgen.
Falls es den Blackout 2023 geben sollte, käme es zu einem regelrechten Ansturm auf die regionale Versorgungsstruktur – die Hauptanlaufstellen wären dann die jeweiligen Feuerwehren. Wobei deren Katastrophenschutzkonzepte bislang meist sehr individuell ausfallen und an die eigenen Möglichkeiten und Anforderungen angepasst sind. Dabei stehen sie grundsätzlich vor vier Hauptproblematiken im Falle eines langanhaltenden und großflächigen Stromausfalls:
- Stromversorgung
- Alarmierung
- Infrastruktur und Logistik
- Organisation
Beispiel: Notstromkomponenten der Feuerwehr Pulheim |
Bei der Feuerwehr Pulheim (Rhein-Erft-Kreis, NRW) stellen alle vier Freiwilligen Löschzüge gemeinsam ein Spezialisten-Team, mit dem sie eine von insgesamt 25 Notstromkomponenten des Bundeslands Nordrhein-Westfalen betreuen. Die Kräfte verfügen über einen Lkw mit einem rund 10 t schweren Anhänger. Mit einem darauf mitgeführten dieselbetriebenen Generator können die Einsatzkräfte rund 100 Haushalte mit Strom versorgen. Da diese Spezialtechnik komplex ist, erfolgen regelmäßig gemeinsame Übungen mit dem Energieversorger RheinEnergie. So beispielsweise am 23. April 2022 am Fühlinger See. Von dieser Übung stammt das gezeigte Foto, bei dem das Notstromaggregat an den Versorgungstransformator angeschlossen wurde. |
Eigene Stromversorgung im Falle eines Blackout
Um anderen zu helfen, muss die Feuerwehr zunächst selbst einsatzbereit und funktionstüchtig sein. Letzteres könnte im Fall eines Blackouts problematisch werden, falls nicht vorher für eine entsprechende Sicherheitsstruktur gesorgt wurde. So haben die meisten BF extra für das eigene Haus separate Notstromaggregate, die in diesem Fall die Stromversorgung sicherstellen können. Gerade bei kleineren FF sieht die Versorgungslage oft weniger gut aus. Wobei dabei nicht vergessen werden darf, dass das Ganze abhängig vom eigenen Brennstoffvorrat zeitlich begrenzt ist.
Wenn die eigene Versorgung der Feuerwehren gesichert ist, sollten im nächsten Schritt für die Bürgerinnen und Bürger in den Ortschaften oder Stadtvierteln einzelne Häuser als sog. „Basis“ eingerichtet werden. Konkret heißt das: an infrastrukturell wichtigen Punkten werden regional einzelne Gebäude durch Notstromaggregate mit Elektrizität, Strom und Wasser versorgt (siehe Beispiel der Feuerwehren der Verbandsgemeinde Ansbach unten). Koordination ist dabei Alles, denn abhängig von der Anwohnerzahl wird es auch auf derartige Zentren im Katastrophenfall einen großen Ansturm geben – was uns zu unserem nächsten Punkt bringt: Dem Zusammenbruch der Infrastruktur im Falle eines Blackouts.
Infrastrukturausfall ist meist verheerender als der Stromausfall
Der bei einem Blackout stattfindende Stromausfall ist zwar das Primärereignis, jedoch sind dessen Folgen meist gravierender. Denn ein großflächiger Stromausfall lässt alle stromabhängigen Infrastrukturen zusammenbrechen, darunter:
- Kommunikation
- Treibstoffversorgung
- Logistik
- Geldsystem
- Lebensmittelversorgung
- Wärmeerzeugung
- Wasserwirtschaft
Selbst wenn nach einiger Zeit die Stromversorgung wiederhergestellt sein sollte, wird es im Anschluss dennoch länger dauern, bis die gewohnten Versorgungsketten wieder aktiv werden. Das liegt u. a. daran, dass all diese Prozesse derart feingliedrig miteinander verbunden sind, dass beim Wegfallen nur eines Gliedes die gesamte Kette gesprengt wird. Im Umkehrschluss ist es eben nicht mehr nur mit einer Notfallmaßnahme getan, die entstandenen Versorgungsengpässe zu beheben.
Beispiel: Feuerwehren der Verbandsgemeinde Asbach |
In der Verbandsgemeinde Asbach wurden das Rathaus, die Feuerwehrhäuser, verschiedene Sporthallen und Bürgerhäuser für eine Einspeisung über Notstromaggregate ausgerüstet und können so zur Anlaufstelle für die Bevölkerung werden. Dazu sind bestimmte elektrische Vorrichtungen an den Gebäuden eingerichtet. Um die größeren Objekte adäquat versorgen zu können, stehen der Verbandsgemeinde drei Notstromaggregate mit einer Leistung von je 100 kVA auf Tandemanhängern zur Verfügung. Deren Leistungsstärke ist auf einen längeren Stromausfall ausgelegt, um Notunterkünfte schaffen zu können. Für die Versorgung der Feuerwehrhäuser mit Notstrom stehen separate 13-kVA-Stromaggregate bereit. Auch die Feuerwehrhäuser sind für die Einspeisung mit Notstrom vorgerüstet. Tim Wessel |
Organisation und Zusammenarbeit
Zwar sind Feuerwehren und das Technische Hilfswerk (THW) die primären Katastrophenhelfer, aber ohne zusätzlicher Unterstützung der anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wäre ein möglicher Blackout nicht zu schultern.
Zur organisatorischen Vorbereitung des Blackouts gehört auch, mit allen Feuerwehrangehörigen das Verhalten im Ernstfall abzusprechen. Ein gangbarer Weg wäre beispielsweise die Vereinbarung, dass alle Kameradinnen und Kameraden (mindestens der aktiven Mannschaft) beim Stromausfall zu Hause „klar Schiff machen“ und sich dann sofort in das Gerätehaus begeben. Denn zu tun wird es im Ernstfall sicher etwas geben – und gerade wenn z.B. via Handy-App alarmiert wird, kann ein möglicher Alarm die Einsatzkräfte zu Hause nicht mehr erreichen.
Für die einzelnen Feuerwehren hingegen empfiehlt sich eine hausinterne Checkliste, die die eigene Mannschaft und das Equipment bestmöglich auf den Worst Case vorbereitet.
Beispiel-Checkliste „Blackout“
Ο | Welche Überlegungen hat ihre Feuerwehr bisher zu dem Thema „Blackout“ angestellt? |
Ο | Wie gut sind die Feuerwehrleute in ihrem Verantwortungsbereich vorbereitet? |
Ο | Wie sind die Familien der Kameraden auf einen Blackout vorbereitet? |
Ο | Wie sieht die generelle Verfügbarkeit bei den Mannschaften aus? |
Ο | Welche Grundfunktionen ihres Feuerwehrhauses laufen nicht ohne Strom (Sirene, Tore, Beleuchtung, Starthilfen, Alarmfax, Heizung etc.)? |
Ο | Wie viel Treibstoff und Schmiermittel stehen für den Betrieb mehrerer Notstromaggregate zur Verfügung? |
Ο | Ist die Kraftstoffversorgung gesichert, falls Tankstellen nicht mehr angefahren werden könnten? |
Ο | Wie gut ist die eigene Gemeinde auf den möglichen Blackout vorbereitet? (Nur mit kommunaler Zusammenarbeit kann erfolgreiches Krisenmanagement gelingen) |
Ο | Existiert im Falle des Blackout ein gemeinsamer Krisenstab aus Behörden, Feuerwehr, THW, Rettungsdienst und Polizei? |
Ο | Gibt es für die Bevölkerung dezentrale Anlaufstellen (sog. Katastrophen-/Kat-Leuchttürme)? |
Ο | Wie lange kann die regionale Wasserversorgung aufrechterhalten werden? |
Ο | Welche Abwasser-Problematiken könnten sich durch einen Blackout ergeben? |
Ο | Welche Gefahren ergeben sich aus kritischen Bereichen in ihrem Verantwortungsbereich (Gefahrgüter in produzierendem oder landwirtschaftlichem Gewerbe) |
Johannes Morelli,
Online-Redaktion
Quellen
- FEUERWEHR-UB 11/2017
- BMBF, Freising: Bei Blackout werden Feuerwehren zur ersten Anlaufstelle – Notfall-Liste für Bürger (merkur.de)
- Leitfaden „Black-Out“ Des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbands
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