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Digitale Alarmierung

2024_7-8

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Die digitale Alarmierung funktioniert überall und ermöglicht eine Verschlüsselung. Dadurch wird sie zuverlässiger und gezielter. In Hessen begann die Testphase.

Foto: Airbus

Zur Einführung des BOS-Digitalfunks in Hessen war im Rahmen der Planungen von Anfang an die Frage zu klären, welche Technik für die Alarmierung zum Einsatz kommen soll, wenn das Ende der analogen Gleichwellenfunknetze und Relaisstellen bevorsteht und in diesem Zusammenhang die über viele Jahre und Jahrzehnte etablierte Fünfton-Alarmierung wegfällt.
Ein Weiterbetrieb der analogen Funknetze nur zum Zweck der Alarmierung wurde schnell verworfen, da zum einen eine parallele Funkinfrastruktur mit den entsprechenden Kosten hätte weiter betrieben werden müssen und zum anderen auch die Ersatzteilversorgung für die Analogtechnik zunehmend schwieriger wurde.

Um die Möglichkeiten des Digitalfunknetzes effi­zient nutzen zu können, wurde auch die Errichtung eines parallelen Alarmierungsnetzes (POCSAG-Verfahren) aus den bereits genannten wirtschaft­lichen Gründen nicht weiter verfolgt. Stattdessen entschied man sich dazu, das Digitalfunknetz auch für die Alarmierung der Einsatzkräfte zu nutzen.
Da abgesehen von Prototypen keine zertifizierten TETRA-Meldeempfänger zur Verfügung standen, wurde von der damaligen Projektgruppe Digitalfunk die Entwicklung und Lieferung von 50.000 TETRA-Meldeempfängern ausgeschrieben. Der Airbus-Konzern mit seiner Funksparte – damals noch unter dem Firmennamen Cassidian bzw. EADS aktiv – konnte die Ausschreibung für sich entscheiden und hat im Herbst 2014 die ersten 100 Meldeempfänger an das Land Hessen ausgeliefert.

Neben Hessen plant auch Bayern die Einführung der TETRA-Alarmierung, daher fanden und finden fast alle Aktivitäten zu diesem Themenkomplex in enger Zusammenarbeit zwischen Hessen und Bayern statt. Aber auch andere Länder, bei denen die TETRA-Alarmierung derzeit (noch) kein Thema ist, verfolgen die Entwicklung mit Interesse, da früher oder später auch dort die Frage auftauchen wird, ob ein Parallelbetrieb zweier Funknetze auf Dauer wirtschaftlich vertretbar ist.

Technik

Der P8GR (gesprochen „Pager“ – Produktname der Fa. Airbus Defence and Space) ist ein kompakter Funkmeldeempfänger mit interner Antenne. Er bietet alle wesentlichen Tetra-Funktionen für Alarmierung und erlaubt die Planung und Dispo­sition von Einsatzkräften in Echtzeit. Er empfängt entweder an Einzelpersonen oder Gruppen gerichtete Mitteilungen über das TETRA-Netz. Je nach Gerätekonfiguration löst der Empfang einer Mitteilung ein Alarmsignal aus. Der Endgerätebenutzer kann derartige Mitteilungen quittieren. Über diese Rückmeldung ist die Leitstelle jederzeit über die Verfügbarkeit der Einsatzkräfte informiert.

Die Alarmierung im TETRA-Netz ist vergleichbar mit dem Senden einer SDS (Short-Data-Service-Nachricht). Dieser Standard wird erweitert mit Funktionalitäten, die unter dem Begriff Callout spezifiziert sind. Ähnlich wie bei einer SDS kann die Alarmierungsnachricht an eine Gruppe (GSSI) oder an einen Einzelteilnehmer (ISSI) versendet werden. Im P8GR wurde eine Subadressierung realisiert, die es ermöglicht, jeder GSSI 64 Sub­adressen zuzuordnen. Das ist vergleichbar mit 64 Schleifen im derzeitigen Analogfunk.

Jeder Pager kann neben einer individuellen ­Adressierung (ISSI) auch 32 GSSI Alarmierungs­adressen mit je 64 Subadressen akzeptieren. Zusätz­lich gibt der Callout-Service 16 Schweregrade vor, die für jede Alarmnachricht ausgewertet werden können. Eine umfangreiche Palette von Tönen, Vibrationsalarmen, LED (Farben und Frequenzen) erlauben je nach Zieladresse, Schweregrade etc. eine individuelle Alarmsignalisierung.
Ein Pager wird üblicherweise im TMO-Netz (Trunked Mode Operation) betrieben. Die Erreichbarkeit der Alarmgruppen wird in Hessen auf den Landkreis und einen Erweiterungsgürtel von ca. 20 km um den Landkreis gegeben sein. Als Re­dun­danz kann der P8GR auch im DMO (Direct Mode) betrieben werden. In diesem Betriebsmodus ist die Reichweite örtlich begrenzt. Der P8GR verfügt über einen USB-Anschluss, der gleichermaßen für einfaches Konfigurieren und Updaten des Geräts sowie zum Aufladen des Akkus genutzt werden kann. Eine GPS-Ortung des Geräts ist weder erforderlich noch technisch möglich.

Zur Steigerung der Übertragungssicherheit wird der Alarm mehrmals wiederholt, wobei das Erkennen nur einer Signalisierung zum Auslösen ausreicht. Im Netzmodus (TMO) ist die Über­tra­gung der leistungsstarken Basisstationen (z.  B. 15  W Sendeleistung) mit ihren Antennensystemen zum Pager sicherer als die aktive Rückmeldung vom Pager (z.  B. 1  W Sendeleistung) zur Basis­station. Einsatztaktisch ist es wichtiger, dass zunächst der Alarm am Gerät ankommt. Die Rückmeldung kann auch nach dem Verlassen eines Gebäudes immer noch versendet werden. Dies wird vom P8GR automatisch ggf. wiederholt initiiert. Basierend auf dieser einfachen Technik ist es z.  B. möglich, alle Katastrophenschutzhelfer eines Bundeslands mit einer einzigen Alarmnachricht, d.  h. innerhalb weniger Sekunden, zu alarmieren.

Pager-Testbetrieb

Seit Herbst letzten Jahres wurden verschiedene Testreihen mit Prototypen durchgeführt. Erst kürzlich wurde durch ein Expertengremium (Fach­ausschuss IuK des Landesfeuerverbands sowie weitere Vertreter von Feuerwehren und Hilfsorgani­sationen) in einer dreiwöchigen Testphase der P8GR intensiv hinsichtlich der Empfangseigenschaften, Bedienung und der generellen BOS-Tauglichkeit geprüft. Die Erkenntnisse aus den Testphasen sowie Verbesserungsvorschläge der Experten werden kontinuierlich an den Hersteller Airbus Defence and Space übermittelt. Als nächster Meilenstein folgt die Produktion von 1.000 Geräten. Die Auslieferung dieser Geräte zu weiteren Testszenarien ist für April 2015 geplant. Ab diesem Zeitpunkt ist auch die Alarmierung über die Leitstelle (FRT-Geräte per Luftschnittstelle) vorgesehen. Die Anpassung der Leitstellensoftware ist initiiert (Cobra – Fa. ISE). Mit dem Start des Rollouts der Seriengeräte wird Ende 2015 gerechnet.

Zusatzinfo Aktive Alarmierung

Heutzutage zwar technisch eine Selbstverständlichkeit, ist die aktive Alarmierung im Analogfunknetz oder auch mit dem POCSAG-Verfahren nicht möglich. Kombinationen mit anderen Systemen sollen diese Lücke schließen.
Im Digitalfunk gibt es nur die „Aktive Alarmierung“, die zweierlei Vorteile mit sich bringt:

  • Die Leitstelle weiß, ob ein Alarm einen Empfänger erreicht hat (technisch).
  • Die Leitstelle erfährt, ob der Empfänger auch einsatzbereit ist (taktisch).

Beide Informationen sind für die Einsatzdisposition wichtig. Letzterer Punkt ist insbesondere für ehrenamtliche Organisationen ein großer Vorteil. Man ist nun in der Lage, innerhalb kürzester Zeit festzustellen, ob mit der Alarmierung die Mindeststärke sichergestellt ist. Eine Nachalarmierung kann so mit einem Zeitvorteil von ca. 5 min durchgeführt werden.

Mit dieser Technik ist es auch möglich, einen persönlichen Status zur Nichtverfügbarkeit (z.  B. Krankheit, Urlaub, Dienstreise usw.) zu übertragen. Damit kann der Organisationsverantwortliche bereits seine Einsatzplanung optimieren.

Typischerweise meldet der Pager nach einem Alarm, ob der ehrenamtliche Helfer sofort oder erst nach ein paar Minuten an der Unterkunft zur Verfügung steht. Diese Auswertung kann nun im Einsatzleitsystem verknüpft werden mit dem anonymisierten persönlichen Profil (z.  B. Gruppenführer, Maschinist, Sanitäter, Atemschutzgeräteträger, …) Sobald der Einsatzleiter die Wache verlässt, kennt er mit hoher Verlässlichkeit die Einsatzbereitschaft der aktuell für dieses Ereignis zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte.

Dr.-Ing. Richard Georgi, Hessisches Ministerium des Innern und für Sport

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