Kinder vor Brandverletzungen schützen: Gemeinsamer Infotag
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Brandverletzungen bei Kindern sind nicht nur körperliche Wunden mit teils gravierenden Folgen. Sie ziehen auch seelische Verletzungen nach sich – meist für die ganze Familie. Eltern können nicht jeden Unfall verhindern, aber doch einige Gefahrenquellen vermeiden. Dafür brauchen sie Aufklärung und Unterstützung. Wie das gehen kann zeigte ein Aktionstag am 7. Dezember 2022, dem Tag des Brandverletzten Kindes, in der Feuerwehrerlebniswelt Augsburg.
Natürlich kann nicht jedes Unfallszenario ausgeschlossen werden. Viele Unfälle, bei denen Kinder Brandverletzungen oder Verbrühungen erleiden, wären jedoch vermeidbar. Davon ist Susanne Falk, Vorständin der Initiative Paulinchen e.V. für brandverletzte Kinder, überzeugt. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Grillunfall mit Spiritus, über den sie sagt, dass es ihn eigentlich nicht geben müsste. Aber auch viele andere Gefahrenquellen sollten gerade Eltern kleiner Kinder im Bewusstsein behalten. Dass sie damit nicht alleine sind, ist das Anliegen von Paulinchen, aber auch anderer Akteure wie der Feuerwehren, die z.B. im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit Aufklärung leisten.
Zum Tag des brandverletzten Kindes luden daher Paulinchen, die Feuerwehrerlebniswelt Augsburg, die Versicherungskammer Bayern (VKB) und das Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder der München Klinik Schwabing zum Informationstag ein. Die Initiative ging von der VKB aus. Auch die Landesfeuerwehrverbände Bayern und Rheinland-Pfalz sowie die Johanniter Unfallhilfe und das interaktive Präventions-Theater „Marco und das Feuer“ waren vertreten. Im Zuge des Aktionstags überreichte Christian Krams (VKB) eine Spende in Höhe von 3.000 Euro an Paulinchen e.V.
Gemeinsam aufklären
Herzstück der Aktion war die gemeinsame Podiumsdiskussion. Daran beteiligten sich neben Susanne Falk auch Johann Eitzenberger (Vorsitzender des LFV Bayern), Frank Habermaier (Feuerwehrerlebniswelt Augsburg), Dr. med. Carsten Krohn (Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder München Klinik Schwabing) und Christian Krams (VKB). Die Moderation übernahm Miriam Zöller (Feuerwehrerlebniswelt).
Gemeinsam ermittelten die Diskussionsteilnehmer/-innen die Ursachen für Brandverletzungen bei Kindern und formulierten dabei wertvolle Hinweise insbesondere für Eltern. Auch Feuerwehren tun gut daran, die typischen Gefahrenquellen zu kennen und diese im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit in die Bevölkerung zu tragen.
Vom heißen Ofenglas bis zum Spiel mit dem Feuer
Dr. Krohn hat langjährige Erfahrung in der chirurgischen Versorgung von brandverletzten Kindern. Neben Unfällen beim Spielen mit Feuerzeugen, dem Griff auf die Herdplatte oder dem Grillunfall mit Brandbeschleunigern bringen drei Unfallmechanismen immer wieder junge Patientinnen und Patienten in seine Klinik:
- Der heiße Tee: Kinder sind neugierig. Auch auf die Tasse, aus der die Eltern trinken. Wenn diese dann in Reichweite steht, greifen sie danach und wollen hineinsehen. Das Ergebnis können schwerste Brandverletzungen im Gesicht, auf Brust und Bauch sein, weil sich die Kinder den Inhalt der Tasse über den Körper schütten, wie der Facharzt berichtet.
- Der Kaminofen: Knisterndes Kaminfeuer zieht Kinder regelrecht an. Oft legen sie bei ihrer Erkundung die Hände auf das heiße Ofenglas. Das größte Problem: „Ganz kleine Kinder verstehen nicht, dass ihre Hand weh tut, weil die Scheibe zu heiß ist. Sie nehmen die Hände nicht vom Glas weg – und es können massive Handverletzungen entstehen“, so die Erfahrung des Chirurgen. Eltern von kleinen Kindern sollten daher den Zugang zum heißen Ofen vermeiden – zum Beispiel mit einem Schutzgitter.
- Inhalieren mit heißem Wasser: Wenn Kinder über einem Topf mit heißem Wasser inhalieren sollen, schrecken sie oft vor dem heißen Dampf zurück. Dabei besteht die Gefahr, dass sie den Topf herunter reißen und sich das heiße Wasser über den Schoß schütten. Besonders groß ist diese Gefahr, wenn noch ein Handtuch über dem Kopf des Kindes und dem Wassertopf liegt.
Kinder und Brände
Johann Eitzenberger und Frank Habermaier teilten ihre Erfahrungen aus der täglichen Praxis bei der Feuerwehr. Als Einsatzkräfte wissen sie genau, dass sich Kinder im Brandfall nicht so verhalten, wie sie sollten. „Sie verstecken sich vor dem Feuer und oft müssen wir sie in der Brandwohnung erst einmal finden. Dann sitzen sie beispielsweise unter dem Bett oder im Schrank“, fasst Frank Habermaier die Erfahrungen vieler Feuerwehrleute zusammen. Wenn Kinder, z. B. mit gefundenen Streichhölzern, selbst einen Brand verursachen, komme es vor, dass sie eigene Löschversuche unternehmen und die Lage dabei weiter verschlimmern. Oder sie sagen ihren Eltern aus Angst vor einer Strafe viel zu spät Bescheid, dass es brennt, wie Habermaier weiter berichtet.
Eitzenberger betonte, wie wichtig die Brandschutzerziehung auch durch die Feuerwehren ist. Neben dem klassischen Brandschutzunterricht z. B. in Kindergärten und Grundschulen setzt er dabei auch auf die Kinder- und Jugendarbeit der Feuerwehren. „Es stimmt mich hoffnungsvoll, dass es mittlerweile immer mehr Kinderfeuerwehren gibt“, betonte der Verbandsvorsitzende. Diese seien eine ideale Möglichkeit, Kinder und insbesondere auch die Eltern nicht nur frühzeitig an die Welt der Feuerwehr heran zu führen, sondern ihnen auch wichtiges Wissen rund um den Brandschutz und das Verhalten im Ernstfall auf den Weg zu geben.
Bunter Aktionstag
Die Feuerwehrerlebniswelt setzt generell auf das Konzept, Feuerwehr und Brandschutz erlebbar und anfassbar zu machen. An diesem besonderen Tag ergänzten auch Gaststationen die Aufklärungsarbeit der beteiligten Organisationen und Verbände.
So war etwa der Regionalverband Bayerisch-Schwaben der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) mit einem Informationsstand vor Ort. Dort konnten Gäste einen Rettungswagen (RTW) besichtigen und sich zu Erster Hilfe nicht nur bei Brandverletzungen informieren lassen. Patrick Spott (JUH) war es dabei besonders wichtig, mit einigen vermeintlich hilfreichen Hausmitteln aufzuräumen. Zum Beispiel sei der Glaube noch weit verbreitet, Honig würde die Heilung von Brandwunden unterstützen. „Der wirkt zwar generell antibakteriell, aber er schottet die Wunde auch komplett luftdicht ab – und das ist schlecht für die Wundheilung,“ erklärte er. Auch Brandblasen sollten niemals geöffnet werden, da in der verschlossenen Brandblase ideale Heilungsbedingungen herrschen und eine Verunreinigung der Wunde ausgeschlossen ist.
Die Versicherungskammer Bayern (VKB) war unter anderem mit einem digitalen Trainingsprogramm zur Nutzung von Handfeuerlöschern vor Ort. Dort konnten die Besucher/-innen ein Feuer auf dem Bildschirm bekämpfen – mit einem realistisch gestalteten Trainings-Feuerlöscher. Die VKB stelle zudem ihr Rauchdemo-Haus vor und stand den Gästen für Fragen zur Verfügung.
Ein absolutes Highlight waren drei Aufführungen des Interaktiven Theaters „Marco und das Feuer“ der „Opernretter„, die sich mit kindgerechten Opern einen Namen gemacht haben. In „Marco und das Feuer“ dürfen die kleinen Zuschauer selbst mitmachen, gemeinsam mit den Schauspielerinnen und Schauspielern auf der Bühne stehen und können den mitreissenden Titelsong „ich wähl die eins eins zwo“ mitsingen. Die initiale Idee zum Stück hatte André Luipold (LDF Rheinland-Pfalz), der ebenfalls vor Ort war. Die VKB hatte das Interaktive Theater zu der Veranstaltung eingeladen.
Sarah Altendorfer
Redaktion
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