Wie kommt man mit einem Gehörlosen ins Gespräch?
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Beim Feuerwehr- oder Rettungsdiensteinsatz kann man als Einsatzkraft plötzlich mit einem Menschen mit einer Hörbehinderung konfrontiert sein. Einige nützliche Hinweise zum besseren gegenseitigen Verstehen.
In Deutschland leben rund 14 Millionen Menschen mit einer Hörbehinderung. Wenn sie Unterstützung durch die Feuerwehr oder den Rettungsdienst brauchen, kommt es häufig zu Problemen: Die Retter sind in der Regel nicht auf die Behinderung vorbereitet – und die Hilfesuchenden werden nervös, wenn sie sich nicht verständlich machen können.
Einige Tipps zum Umgang mit hörbehinderten bzw. gehörlosen Patienten:
- Nehmen Sie Blickkontakt zum Patienten auf.
- Schreien bringt nichts und verzerrt nur Ihr Mundbild.
- Erklären Sie, z. B. vor der Untersuchung, dem Patienten langsam und deutlich, was Sie machen werden.
- Formulieren Sie einfache und kurze Sätze, vermeiden Sie Fremdwörter.
- Sprechen Sie Hochdeutsch, Dialekt kann man schlecht ablesen.
- Halten Sie Blickkontakt zum Patienten, während Sie reden.
- Benutzen Sie eine deutliche Mimik und Gestik sowie eine natürliche Körpersprache.
- Verwenden Sie möglichst keinen Mundschutz, denn dann ist die Kommunikation unterbrochen.
- Statt lange zu reden, konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche.
- Achten Sie auf die Lichtverhältnisse – hat ihr Mundbild genügend Licht?
- Stellen Sie sich nicht vor die Lichtquelle/Sonne, es blendet den Patienten und er kann nicht ablesen.
- Ein Kaugummi oder ein Bonbon im Mund erschweren das Ablesen.
- Stehen Sie hinter dem Patienten, ist keine Kommunikation möglich (auf die Schulter tippen, z.B. bei Atembefehlen).
- Erklären Sie dem Patienten das Ergebnis der Untersuchung; komplexe Begriffe sollten aufgeschrieben werden.
- Wenn Sie bemerken, dass der Patient Sie nicht verstanden hat, wiederholen Sie Ihren Satz. Bei der Wiederholung ist wichtig, dass der Satz unverändert wiederholt wird. Da der Patient vermutlich schon einen Teil ablesen konnte, müsste er wieder von vorne beginnen, wenn der Satz verändert wird.
Wenn sich jemand auf solche Situationen vorbereiten möchte, bietet beispielweise die ASB-Schulen Bayern gGmbH in Lauf an der Pegnitz (Mittelfranken) entsprechende Lehrgänge an: Hier haben in erster Linie Notärzte, Rettungsassistenten und -sanitäter die Möglichkeit, die Kommunikation mit hörbehinderten und gehörlosen Patienten zu erlernen.
Dabei erhalten die Teilnehmer zunächst einmal Basisinformationen zum Thema. Es wird erklärt, welche Arten von Hörbehinderung es gibt. Was und wie können Schwerhörige, Gehörlose und CI-Träger (Cochlea Implantat) hören? Im Unterricht werden Hörhilfsmittel vorgeführt, die die Schüler selbst in die Hand nehmen und ausprobieren können. Sie erfahren, wie die Hilfsmittel zum Beispiel bei einer Kopfverletzung entfernt werden können.
Deutlich sprechen und Gesten benutzen
„Von zentraler Bedeutung ist auch die Kontaktaufnahme mit Gehörlosen“, erläutert die Dozentin Judit Nothdurft. „Dazu gehören Fragen wie diese: Wie spreche ich Gehörlose an? Wie nehme ich Blickkontakt auf – zum Beispiel wenn der Patient mit dem Rücken zum Rettungsassistenten liegt oder sitzt, und er gar nicht weiß, dass gerade jemand den Raum betreten hat?“
Nach den theoretischen Grundlagen üben die Kursteilnehmer die Kommunikation in der Lautsprache. Dabei geht es darum, langsam und deutlich zu sprechen, die Lippen müssen sich weit genug öffnen, um das Ablesen zu erleichtern. Wichtig ist es, hochdeutsch zu sprechen, stets den Blickkontakt zu halten und kurz sowie möglichst einfach zu formulieren. Auch auf Nebengeräusche sollten die Retter achten, da diese es den Hörgeräte- und CI-Trägern möglicherweise erschweren, das Gespräch zu verstehen.
Nach der Kommunikation in der Lautsprache folgt die Einführung in die Deutsche Gebärdensprache; Gebärdensprache ist nicht international, jedes Land hat seine eigenen Gebärden. Im praktischen Teil lernen die Teilnehmer das Fingeralphabet und einfache Grundgebärden wie „Hallo“, „Ich heiße…“, „bitte“ oder „danke“. Natürlich werden auch wichtige medizinische Gebärden gelehrt – zum Beispiel für Kopfschmerzen, Fieber, Erbrechen, Blutdruck, Herzinfarkt, Allergie, Kreislauf, Rettungswagen oder Krankenhaus.
Anschließend werden gemeinsam mit einem gehörlosen Patienten realitätsnahe Situationen im Trainingsparcours eingeübt. Hier ist es möglich, akute Erkrankungen in den nachgebauten Wohn- oder Schlafzimmern darzustellen – oder aber Unfallszenarien auf einer Baustelle oder im Straßenverkehr. Weitere Informationen: www.asb-schulen.de sowie www.jnc-business.de
Moritz Wohlrab/red.
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