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Wann gilt die Rufbereitschaft als Arbeitszeit?

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Bereitschaftsdienste sind als Arbeitszeit zu werten, sofern der Arbeitnehmer innerhalb kürzester Zeit für einen Einsatz zur Verfügung stehen muss, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am 21. Februar 2018.

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Bereitschaftsdienste Arbeitszeit gleichkommen (Foto: frankdaniels/stock.adobe.com, Symbolbild)

Für viele Arbeitnehmer gehört die Rufbereitschaft zum Alltag in ihrem Job. Allerdings wird diese nicht überall vergütet. Ein belgischer Feuerwehrmann klagte 2009 dagegen. Die oberste belgische Instanz rief daraufhin den EuGH ein. Dieser gab nun dem Kläger Recht. Dem Mann steht demnach tatsächlich Geld zu.

Sofortige Verfügbarkeit als entscheidendes Kriterium

Rudy Matzak aus Nivelles arbeitet seit 1981 in seinem Heimatort als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Eine Woche pro Monat – auch abends und am Wochenende – musste er sich stets so bereithalten, dass er innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung am Arbeitsort eintreffen kann. Sein Arbeitgeber vergütete diese Zeiten der „passiven“ Rufbereitschaft nicht. Matzak forderte eine Entschädigung.

Das zuständige Arbeitsgericht Nivelles gab der Klage überwiegend statt und bezog sich dabei nicht auf den belgischen, sondern den europarechtlichen Arbeitszeitbegriff. Der EuGH legte den Begriff der Arbeitszeit und dessen Auswirkungen auf einen etwaigen Vergütungsanspruch gemäß der Richtlinie 2003/88 (Arbeitszeit-Richtlinie) aus.

Auch „passive“ Rufbereitschaft ist nach Auffassung des EuGH als Arbeitszeit im Sinne der EU-Arbeitszeit-Richtlinie anzusehen, sofern der Arbeitgeber zeitliche und/oder geografische Vorgaben macht, die den Arbeitnehmer während der „passiven“ Rufbereitschaft in seiner Freizeitgestaltung einschränken.

Im Fall des freiwilligen Feuerwehrmanns gilt demnach die EU-Arbeitszeit-Richtlinie, da er sich während der Rufbereitschaft innerhalb von acht Minuten am Arbeitsort einzufinden hat. Dies hat zur Folge, dass er seinen Wohnort in der Nähe des Arbeitsortes wählen oder sich dort während der Rufbereitschaft auch aufhalten muss. Der Bereitschaftsdienst schränkt demnach die Möglichkeiten eines Arbeitnehmers erheblich ein, sich anderen Tätigkeiten zu widmen. Somit ist diese Bereitschaftszeit als Arbeitszeit einzuordnen.

Nationale Gerichte entscheiden über Höhe der Vergütung

Allerdings, betonten die EU-Richter, regle die EU-Arbeitszeit-Richtlinie nicht die Vergütung für die Arbeitszeit. Sie diene vorrangig zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers. Die einzelnen Mitgliedsstaaten können demnach eine abweichende Vergütungsregelung für den Rufbereitschaftsdienst erlassen.

Das Urteil gilt auch für andere Berufsgruppen, bei denen Arbeitnehmer in der EU von zu Hause aus Bereitschaftsdienst leisten und innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit sein müssen. Die deutsche Rechtsprechung unterscheidet zwischen drei Arten von Bereitschaften: Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft.

Die Arbeitsbereitschaft wird als „Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung“ definiert. Demnach muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten – im Betrieb oder außerhalb. Von sich aus muss er tätig werden, sobald es etwas zu tun gibt. Beim Bereitschaftsdienst muss der Arbeitnehmer dagegen nur nach Aufforderung tätig werden. Das gilt außerhalb der regulären Arbeitszeiten beispielsweise nachts. Der Arbeitnehmer kann bei der Rufbereitschaft seinen Aufenthaltsort frei wählen. Allerdings muss er jederzeit erreichbar sein, um auf Abruf des Arbeitgebers „alsbald“ arbeiten zu können.

In Deutschland muss sowohl die Arbeitsbereitschaft als auch der Bereitschaftsdienst mit dem Mindestlohn (Bundesarbeitsgericht 2016) vergütet werden. Verdienen Arbeitnehmer mit ihrer Vollarbeitszeit mehr als den Mindestlohn, kann die Bezahlung für Bereitschaftsdienste aber wiederum geringer ausfallen.

Quelle: EuGH C-518/15

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