Rasante Brandausbreitung: Viertägiger Feuerwehreinsatz in Konstanz
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Vier Einsatztage mit immer wieder aufflammenden Glutnestern, 14 gerettete Menschen: Ein Gebäudebrand mit rasender Brandausbreitung in der Konstanzer Altstadt (LK Konstanz, BW) verlangte den Feuerwehren vom 25.07. bis 29.07.2024 alles ab. Unterstützung kam aus dem gesamten Landkreis und der benachbarten Schweiz.
Als in der Nacht auf Donnerstag, den 25.07.2024 um 01:22 Uhr der Alarm die Aktiven der Feuerwehr Konstanz aus dem Schlaf riss, ahnten sie noch nicht, welch kräftezehrender Einsatz ihnen bevorstehen würde. Zügig fuhren Angehörige der Hauptamtlichen Wache sowie der Abteilung Altstadt die Einsatzstelle in der Zollernstraße an.
Hochdynamische Lage
Als die ersten Einsatzkräfte eintrafen, fiel ihnen zunächst eine Rauchentwicklung am Gebäude sowie im Bereich des Daches auf. Neben einem Löschangriff ins Innere des Hauses erkundeten sie die Dachfläche über eine Drehleiter.
Schnell war klar, dass die Feuerwehr Konstanz mit einer hochdynamischen Lage konfrontiert war. Innerhalb von nur wenigen Minuten drang aus immer mehr Öffnungen des Gebäudes schwarzer Rauch. Deshalb forderte die Einsatzleitung bereits fünf Minuten nach Eintreffen Verstärkung in Form eines weiteren Löschzugs an.
Neben den Abteilungen Petershausen und Wollmatingen machten sich die Führungsunterstützungseinheit und eine weitere Drehleiter der Abteilung Altstadt auf den Weg zur Einsatzstelle.
Menschenrettung aus dem Brandobjekt
Während sich die Lage weiterhin verschlimmerte, widmeten sich die Einsatzkräfte vornehmlich der Menschenrettung. Insgesamt 14 Bewohnerinnen und Bewohner retteten sie aus dem Gebäude. Dabei mussten zwei Personen über eine Drehleiter gerettet werden. Im weiteren Einsatzverlauf löste die Leitstellen einen Massenanfall von Verletzten (ManV) für den Rettungsdienst (DLRG) aus, um alle Betroffenen sichten und versorgen zu können. Letztlich waren sieben Leichtverletzte zu beklagen, darunter fünf Einsatzkräfte der Feuerwehr.
Rasante Brandentwicklung: Vollalarm
Währenddessen fraßen sich die Flammen weiter voran. Insgesamt drei Gebäude waren innerhalb kurzer Zeit betroffen. Dringend benötigte man vor Ort weitere Einsatzkräfte. Deshalb erging ein Vollalarm für die Feuerwehr Konstanz, auch für die freien Kräfte der Hauptamtlichen Wache erfolgte ein Einsatzalarm. Zudem verstärkten ein Löschzug der Feuerwehr Kreuzlingen (inkl. einer weiteren Drehleiter) und die kleinere Konstanzer Drehleiter DLK 12/9 die Kräfte vor Ort, ein unerlässlicher Helfer für Einsätze in den engen Gassen der Altstadt.
Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis und der Schweiz
Mittlerweile waren die Einsatzkräfte mit offenen Dachstuhlbränden konfrontiert, die sie über vier Hubrettungsfahrzeuge von außen löschten. Etliche Atemschutztrupps unterstützen den massiven Löschangriff zudem im Inneren des Gebäudes.
Weil die Arbeit unter Atemschutz kräftezehrend ist und viel Personal erfordert, verstärkten weitere Feuerwehren aus dem Landkreis die Kräfte vor Ort. Sogar aus der benachbarten Schweiz sprangen Aktive der Feuerwehren Kreuzlingen und Tägerwilen (Beides Kanton Thurgau) ein. Aus Tägerwilen rückte auch ein Teleskopmast mit an.
Einsturzgefahr: THW-Profis sind gefragt
Die Einsatzleitung befürchtete einen Gebäudeeinsturz und holte sich daher Hilfe von Sachverständigen des Technischen Hilfswerks (THW). Diese beurteilten die Statik der Gebäude und beobachteten mit Spezialgerät die Bewegung der Mauerwerke.
Gegen 3.00 Uhr stürzte die Decke im rückwärtigen Gebäudeteil teilweise ein, sodass die Feuerwehr den Innenangriff in diesem Bereich abbrach. Rund eine Stunde später, um 4:15 Uhr, brach man in Absprache mit dem THW-Fachberater „Bau“ den gesamten Innenangriff ab.
Erst in der Nacht von Sonntag auf Montag (der Brand war in der Nacht zum Donnerstag ausgebrochen) trat das THW die Messungen an eine private Firma ab.
Brandausbreitung: Feuer über Stunden nicht unter Kontrolle
Über Stunden hinweg trotzten die Flammen den schweißtreibenden, intensiven Löschmaßnahmen. Auch die Brandausbreitung schritt voran: Etwa vier Stunden nach Einsatzbeginn betraf das Feuer auf immer größere Teiles des Daches. Auch nach sechs Stunden war es noch nicht unter Kontrolle. Zwischenzeitlich war auch die Drohnengruppe des Landkreises vor Ort und lieferte der Einsatzleitung einen Überblick aus der Luft.
Regelmäßige Lagebesprechungen
Auch Kreisbrandmeister Andreas Egger begab sich in den Morgenstunden zur Einsatzstelle, um sich ein Bild zu machen. Ebenso war Oberbürgermeister Uli Burchardt vor Ort.
Mit den Abrollbehältern Atemschutz (AB-AS) der Feuerwehr Konstanz sowie der Feuerwehr Radolfzell errichteten die Feuerwehrangehörigen einen Versorgungsplatz für Einsatzmaterial.
Regelmäßig trafen sich nun alle beteiligten Hilfsorganisationen und Vertreter/-innen von Stadt und Landratsamt zu Einsatzbesprechungen. Unter Leitung von Kommandant Bernd Roth analysierten sie die jeweils aktuelle Lage und planten weitere Schritte. Erst bei einer Einsatzbesprechung in den Mittagsstunden bestätigten die das Feuer als größtenteils gelöscht. Bis dahin war allein die Feuerwehr Konstanz mit über 30 Fahrzeugen und mehr als 200 Einsatzkräften vor Ort. Auch der Rettungsdienst stellte ein Großaufgebot an Einsatzkräften.
Tagelange Nachlöscharbeiten
Es folgten umfangreiche Nachlöscharbeiten, für die die Einsatzstelle abgesperrt blieb. Dabei kam auch ein Teleskopmastfahrzeug einer Spezialfirma zum Einsatz, um alle Glutnester erreichen zu können. Per Roboter und Fernsteuerung leistete auch die Besatzung des Löschunterstützungsfahrzeugs der Feuerwehr Singen dabei wertvolle Arbeit. Die Nachlöscharbeiten wurden auch noch am folgenden Freitag, 26.07.2024, fortgesetzt.
Im Verlauf des Wochenendes flammten immer wieder Brände in den betroffenen Gebäuden auf. Beispielsweise in der Nacht zum Sonntag, als die Brandwache offene Flammen aus einem erneut entflammten Giebel bekämpfte, die teils aus den Fenstern schlugen und sich über zwei Stockwerke erstreckten.
Erst am Montag, 29.07.2024, um 6.02 Uhr konnte die Feuerwehr die Brandwachen auflösen. Von nun an erfolgten alle drei Stunden Brandnachschauen. Erst nach vier Tagen, am 29.07.2024 um 14.45 Uhr, endete der Einsatz für die Feuerwehr.
Erhalt der historischen Fassaden
Die hinteren Gebäudeteile waren durch die schnelle Brandausbreitung teilweise schon im Verlauf des Einsatzes eingestürzt. Teilweise mussten sie auch in den kommenden Tagen wegen der anhaltenden Einsturzgefahr abgerissen werden. Nach Ende der Abbrucharbeiten um 17.30 Uhr am Samstag konnten die Nachbarinnen und Nachbarn wieder in ihre Häuser zurückkehren.
Eine Fachfirma stütze die ebenfalls einsturzgefährdete historische Fassade ab, sodass diese erhalten bleibt. Dazu brachten die Mitarbeitenden eine Holzkonstruktion an.
Felix Ritter, Fabian Daltoe (Feuerwehr Konstanz)
Übersicht: Kräfte im Einsatz
(Stand: 30.07.2024)
Erstalarmierung | |
Hauptamtliche Wache |
|
Abteilung Altstadt | Zuständige Abteilung
|
Erste Nachalarmierung | |
Abteilung Petershausen |
|
Abteilung Wollmatingen |
|
Führungsunterstützungseinheit | ELW2 (Fl. Konstanz 6/12) |
Abteilung Altstadt | zweites Hubrettungsfahrzeug DLAK 23/12 (Fl. Konstanz 1/33) |
Zweite Nachalarmierung | |
Vollalarm Feuerwehr Konstanz | Alle 7 FF-Abteilungen + Hauptamt
FF Abteilungen zur Unterstützung mit LF und Atemschutzträger/-innen |
Feuerwehr Kreuzlingen | 1 Löschzug inkl. Hubrettungsfahrzeug (DLAK 42) |
Hauptamtliche Wache | Vollalarm HA inkl. schichtfreien Personal
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Feuerwehren des Landkreises Konstanz |
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Feuerwehren aus der Schweiz |
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Weitere Kräfte vor Ort (nicht Feuerwehr) | |
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