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Verfassungsbeschwerde: „Rettungsdienstgesetz BW gefährdet Menschenleben“

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Die Björn Steiger Stiftung gab am 13. August 2024 bekannt, eine Verfassungsbeschwerde gegen das Land Baden-Württemberg vorzubereiten. Nach Ansicht der Stiftung schützt das Rettungsdienstgesetz, das Anfang August in Kraft trat, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend. Es nehme gar Gefahren für Leben und Gesundheit in Kauf. 

Briefkasten Verfassungsgericht Karlsruhe für Verfassungsbeschwerde
Bekannter Briefkasten: Das Verfassungsgericht in Karlsruhe wird eine Verfassungsbeschwerde der Björn Steiger Stiftung erhalten (Symbolbild): Foto: ©U. J. Alexander – stock.adobe.com

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Björn Steiger Stiftung mit juristischen Mitteln für das Wohlergeben von Notfallpatientinnen und -patienten einsetzt. Erstmals verklagte Stiftungsgründer Siegfried Steiger bereits 1973 die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg, damals wegen vorsätzlicher unterlassener Hilfeleistung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. So hatte die Stiftung dereinst die bundesweite Einführung der Notrufnummern 110 und 112 mit durchgesetzt.

Nun bereitet man sich erneut auf einen Rechtsstreit vor. Diesmal möchte die Stiftung eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Der Ärger gilt der am 2. August 2024 in Kraft getretenen Neuregelung des baden-württembergischen Rettungsdienstgesetzes. Denn die Menschen im Land hätten ein Recht auf ein funktionierendes Rettungsdienstsystem, das sich verfassungsrechtlich sowohl aus dem in Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Schutz der Menschenwürde als auch aus dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1) speise.

„Wie das Rettungsdienstgesetz diesen grundrechtlichen Anspruch gewährleisten will, ist völlig unklar. Alles Wesentliche wird offengelassen oder ist unzureichend geregelt.“
(Prof. Dr. Andreas Pitz, ehemaliger Richter und Professor für Sozial- und Gesundheitsrecht an der Hochschule Mannheim).

Überlebenswahrscheinlichkeit gefährdet

Der Vorwurf: Auch nach der Neuregelung kläre das Gesetz die Zuständigkeiten und Strukturen bei Notfällen nicht umfassend. Internationale Standards seien nach wie vor verfehlt. Seit Jahren bedrohten fehlerhafte Vorgaben und vollkommen veraltete Organisationsstrukturen die Überlebenswahrscheinlichkeit von lebensbedrohlich Erkrankten im Bundesland. Dies bemängelt die Stiftung in einer Pressemitteilung vom 13. August 2024. Anstatt hier Abhilfe zu schaffen, zementiere das im Juli verabschiedete Gesetz die Probleme noch weiter:

„Das neue Gesetz ist das erste in einem Land, in dem der Staat 20 Prozent der Herzinfarktpatienten faktisch als nicht ‚rettbar‘ erklärt und somit von vornherein mit einer planerischen ‚Sterbequote‘ von 20 Prozent kalkuliert und dies sogar gesetzlich verankert. (…) Bei einem solchen Gesetz sterben jeden Tag Menschen alleine wegen der gesetzlichen Planungsvorgaben.“
(Pierre-Enric Steiger, Stiftungspräsident).

Völlig veraltete Strukturen

Die Stiftung rund um Pierre-Enric Steiger kritisiert zudem, das Gesetz festige einen veralteten Rettungsdienst. „Moderne Strukturen nach internationalem Standard  sehen inzwischen völlig anders aus“, positioniert sich die Stiftung. Steiger findet dafür deutliche Worte: „Die deutsche und somit auch die in Baden-Württemberg bestehende Struktur entspricht weiterhin derjenigen aus den 1970er-Jahren und gleicht international inzwischen einer Struktur von Entwicklungsländern.“

Baden-Württemberg ist das einzige deutsche Bundesland, in dem sich der Rettungsdienst vollständig selbst verwaltet. Generell ist die Notfallrettung in Deutschland stark von den föderalistischen Strukturen geprägt – hiergegen gibt es aktuell (August 2024) Änderungsbestrebungen.

Rettungsdienstpersonal versorgt eine Patientin
Leidtragende: Neben Patientinnen und Patienten treffe die Neufassung des Gesetzes auch Mitarbeitende (Symbolbild): Foto:
©benjaminnolte – stock.adobe.com

Nachteile auch für Mitarbeitende

Neben den Patientinnen und Patienten sieht die Stiftung auch die Mitarbeitenden des Rettungsdienstes als Leidtragende und Opfer dieses Gesetzes, das ihnen weder einen rechtssicheren Rahmen für ihre Berufsausübung gebe noch eine zukunftsfähige Struktur. Einen weiteren Nachteil benennt das Notarzt-Netzwerk HonMed eG: unzureichende oder sogar fehlende Planungskriterien für Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF). „Das führt insbesondere im ländlichen Raum dazu, dass mit dem Wegfall eines kurzfristig verfügbaren Notarztes gerechnet werden muss”, betont Dr. med. Christian Strunz, HonMed-Vorstand.

Verfassungsbeschwerde ist in Vorbereitung

Drei Kanzleien erarbeiten derzeit im Auftrag der Björn Steiger Stiftung gemeinsam die Verfassungsbeschwerde gegen das Rettungsdienstgesetz des Landes Baden-Württemberg: Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Düsseldorf, Oppenländer in Stuttgart und SammlerUsinger in Berlin. Fachlich berät Prof. Dr. Andreas Pitz das Team der Juristinnen und Juristen. Zudem fand die Stiftung bereits weitere wichtige Unterstützende: die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte (AGSWN), der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD), das Notarztnetzwerk HonMed eG sowie die IG Privater Rettungsdienst Baden-Württemberg haben sich bereits der geplanten Verfassungsbeschwerde angeschlossen.

Björn Steiger Stiftung

 

 

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